900 Jahre Weiperath - Der geschichtlicher Hintergrund

von Alois Schommer

aus "Festschrift zum Jubiläum 900 Jahre Weiperath"

schommer aloisBereits um das Jahr 200 unserer Zeitrechnung stand auf der Weiperather Gemarkung eine römische Siedlung von beträchtlichem Umfang. Dort und an zwei weiteren Stellen geben Bodenfunde (ein Hypokausten Heizungssystem, handwerklich bearbeitete Sandsteinfragmente, antike Keramik und ein Steinsarg) Zeugnis davon. Erst 1996 wurde ein ca. 70 cm hohes Sandsteinrelief einer Akanthuspflanze geborgen, das nach dem Urteil von Archäologen entweder von einem Grabmal oder von einer römischen Kultstätte stammt.

Nach dem Ende der Römerzeit vergingen mehrere Jahrhunderte, bis sich in unseren Höhengebieten wieder menschliches Leben regte. Die frühe fränkische Landnahme beschränkte sich zunächst auf die klima- und bodenmäßig günstigen Niederungen und Flusstäler, in denen sich auch noch eine zahlenmäßig kleine keltoromanische Bevölkerung gehalten hatte. Erst kurz vor bzw. um die Jahrtausendwende kamen fränkische Siedler auf ihrer Landsuche in unsere Höhengebiete. Der Hof  "zu Weipperaide", der im Jahre 1098 dem Kloster St. Maximin übergeben wurde, lag in dem Wiesenbereich oberhalb des heutigen Dorfes. Diese Übergabe ist in einem Zusammenhang mit dem ersten Kreuzzug (1096-99) zu sehen. Alte Flurnamen wie Höferwiese, Hofweiher, Hofflur und Scheuerplatz erinnern noch an diesen Standort. Rauchhof war sein urkundlich belegter Name. Die letzten Mauerreste des im Laufe der Jahrhunderte mehrmals zerstörten und wieder aufgebauten Hofes stammten offensichtlich von der Schmiede und von einem Backhaus. Sie wurden um 1920 beseitigt. Der Aushub des Weiherbeckens wurde sogar erst während der Flurbereinigung 1957 eingeebnet.

Schon während der späten fränkischen Landnahme, bedingt durch das starke Wachstum der Bevölkerung, konnten die ursprünglichen Gesellschaftsformen der Hundertschaften nicht mehr aufrechterhalten werden. Angehörige der Fürsten und Adelshäuser übernahmen die Grundrechte über Bannforsten und Siedlungsbezirke, die zunächst den Landesherren zustanden. In zunehmenden Maße beteiligten sich daran auch kirchliche Würdenträger und weitere Angehörige der höheren Geistlichkeit. Das Machtzentrum unserer Region befand sich in Trier. An der Spitze stand hier als Landesherr ein Kurfürst, der gleichzeitig auch als Erzbischof Obehaupt der Trierischen Kirche war, deren Grenzen fast identisch mit denen des Kurstaates waren. In der Folgezeit wurden aus den anfänglich großen Lehensbezirken zahlreiche kleine Grundherrschaften, deren Entstehung der Landadel und klösterliche Gemeinschaften fleißig betrieben.

Nachdem Weiperath schon vor 1281 aus dem trierischen Fronhof in Bischofsdhron ausgeschieden war, wurde es von dem Grafen von Salm, der in Weiperath ein Lehen besaß, dem Rittergeschlecht der Zandts von Merl übertragen. 

Diese Zandts von Merl verstanden es, den Machtgelüsten der Vögte von Hunolstein, deren Stammsitz ja in unmittelbarer Nähe lag, zu widerstehen, denen verständlicherweise diese Grundherrschaft ein Dorn im Auge war. 

Es gelang den Zandts außerdem, weitere Grundrechte in "Lampersberg (eine sog. Wüstung) Odenrait (=Odert), Conzelbusch (=Oderter Hof), Wolfesberg (=Wolzburg), Morscheit, Hoxhülle (=Hoxel), Rappenreit, Hontheym (=Hundheim) und Gudendall" zu erwerben. 

Als Vogt Heinrich als letzter männlicher Erbe der Hunolsteiner Linie 1487 starb, fiel Schloss und Herrschaft aufgrund eines Erbvertrages an den Trierer Erzbischof Johann II. von Baden und sein Stift zurück. Die Zandtsche Grundherrschaft in Weiperath blieb bis zum Ende der Feudalzeit 1794 bestehen. In den Planungen und Überlegungen der Familie Zandt hatte sie eine Sonderstellung. Um 1750, als diese sich in zwei Linien aufspaltete, beschloss man bei der Teilung der Güter, das Weiperather Lehen als Familiengut nicht zu trennen.

Mit dem Einfall französicher Truppen im Jahre 1794 war jene Zeitepoche zu Ende. Das Weiperather Hochland wurde dem Dorf zur Nutzung durch alle "Gemeindeglieder" überlassen. Ohne jede Aussicht auf Erfolg versuchten die ehemaligen Lehensherren, diese Enteignung zu verhindern.....

Schon im Jahre 1522, als Franz von Sickingen die Burg Hunolstein belagerte, erlitt der Hof und das Dorf Weiperath großen Schaden. Ganz offensichtlich war ein Stillstand in seiner Entwicklung die Folge davon. Nach einer relativ ruhigen Spanne von etwa 100 Jahren wurde auch unsere Region, gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges heimgesucht. Verängstigte Menschen versteckten sich in den Wäldern und überlebten. Dafür dezimierte das Erbe der Söldnerhaufen, die Pest, die bedauernswerte Bevölkerung. Die sogenannten Pestkreuze auf dem Friedhof von Walholz, von denen noch einige erhalten sind, erinnern daran. Als die Truppen des französischen Königs Ludwig XIV. 1697 das schwergeprüfte Trierer Land verließen, rüstete man schon nach vier Friedensjahren erneut zum Kriege. In den Spanischen und Polnischen Erbfolgekriegen, die zum größten Teil auf deutschem Boden ausgetragen wurden, entstanden in unserer Region Schäden durch Plünderung, Brandschatzung und Verwüstung von unermesslichem Ausmaß. Unter den Dörfern der Ämter Baldenau und Hunolstein, wurde auch Weiperath mehrmals heimgesucht.....

Begonnen hatten diese Kriege mit Fürstengezänk um Krone und Titel. Die Fürsten waren dabei eher gut weggekommen. Die Leidtragenden waren die Menschen unserer Heimat. Noch einmal kamen Zeiten großer Not. In einem Zeitraum von knapp 100 Jahren (v.1780-1873) hatte sich die Zahl der Dorfbewohner mehr als verdoppelt. Die kargen Böden unserer Heimat konnten die Menschen nicht mehr ernähren. Zusammen mit Familien aus den Nachbardörfern verließ in diesem Zeitraum fast jeder dritte Dorfbewohner mit wehem Herzen die Heimat, um in einer fremden Welt einen neuen Anfang zu wagen. Es war ein gewaltiger Aderlass für das Dorf und die Region.

 

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